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VENEZUELA: Indigenes Volk der Yupqa erhält Land zurück



Poonal Nr. 969
Deutsche Ausgabe des wöchentlichen Pressedienstes lateinamerikanischer
Agenturen vom 24. Oktober bis 30. Oktober 2011

VENEZUELA

Indigenes Volk der Yupqa erhält Land zurück


(Lima, 20. Oktober 2011, noticias aliadas-poonal).- Am symbolträchtigen „Tag des indigenen Widerstandes“ gab der venezolanische Präsident Hugo Chávez grünes Licht für die Rückgabe von rund 15.800 Hektar Land an das indigene Volk der Yupqa. Das Gebiet befindet sich in der Nähe zur kolumbianischen Grenze in der Provinz Zulia.

Chávez, der sein Bedauern darüber äußerte, wegen seiner Krebserkrankung nicht an den Feierlichkeiten am 12. Oktober teilnehmen zu können, erklärte, es würden weitere Gebiete enteignet, um diese an Indigene zurückzugeben.

Rückgabe sei ein „Akt der Gerechtigkeit“

Vizepräsident Elías Jaua verteidigte die Enteignung zugunsten der Indigenen als einen „Akt der Gerechtigkeit“ der notwendig sei, um bei der Landrückgabe an indigene Gemeinden in der Sierra Perijá voranzukommen. „Wir können Elend, Ausgrenzung und Konflikte nicht lösen, ohne ihnen ihre Territorien wiederzugeben, damit sie sich ein würdiges Leben aufbauen können“, so Jaua.

Als „manipulative Handlung der Regierung“ kritisierte hingegen Pablo Pérez, Gouverneur der Provinz Zulia, die Maßnahme. Sie sei der sozialen Integration nicht förderlich und habe rassistische Intentionen, ließ Pérez verlauten.

Im kommenden Jahr werden nach derzeitigem Stand am 7. Oktober zunächst der Präsident und eine Woche darauf, bei den Regionalwahlen am 12. Oktober, die GouverneurInnen der Provinzen bestimmt.
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KOLUMBIEN: Diskriminierung strafbar machen



Poonal Nr. 969
Deutsche Ausgabe des wöchentlichen Pressedienstes lateinamerikanischer
Agenturen vom 24. Oktober bis 30. Oktober 2011


KOLUMBIEN

Diskriminierung strafbar machen


Von Susan Abad

(Lima, 16. September 2011, noticias aliadas).- In seinem Bemühen um den Aufbau einer Gesellschaft, die ein respektvolles Miteinander möglich macht, ist Kolumbien am vergangenen 30. August einen großen Schritt weitergekommen. An diesem Tag wurde nach einer letzten Diskussion schließlich ein Gesetz verabschiedet, das ökonomische und rechtliche Sanktionen gegen Personen vorsieht, die ihre Mitmenschen aus Gründen der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion, der Nationalität, der sexuellen Orientierung oder aufgrund ideologischer, politischer oder weltanschaulicher Überzeugungen diskriminieren.

Haftstrafen von bis zu 36 Monaten

Das Gesetz sieht Haftstrafen von 12 bis 36 Monaten Gefängnis sowie Geldstrafen zwischen 3.000 und 4.500 US-Dollar vor, wenn Menschen im öffentlichen Raum diskriminiert werden, sei es durch die Massenmedien oder dadurch, dass sie an der Ausübung ihrer fundamentalen Rechte gehindert werden. Stimmen Senat und Abgeordnetenkammer dem Entwurf zu, wird er dem Präsidenten vorgelegt.

„In Kolumbien sind Fälle von Diskriminierung mit einem rassistischen Hintergrund leider an der Tagesordnung“, erklärt Gloria Díaz. Sie vertritt die politische Organisation "Unabhängige Bewegung für eine völlige Erneuerung“ MIRA (Movimiento Independiente de Renovación Absoluta) in der Abgeordnetenkammer und hat dem Kongress das Projekt vorgestellt. „Obwohl unsere Verfassung jede Art von Diskriminierung verbietet, kommt es doch immer wieder zu solchen Vorfällen. Wir möchten für die Rechte dieser Menschen eintreten. Und zwar nicht nur für das Recht des Einzelnen, sondern für die Rechte aller, die von Rassismus und Diskriminierung bedroht sind“, so Díaz gegenüber Noticias Aliadas.

Der ursprüngliche Entwurf, der im November 2010 dem Senat vorgelegt wurde, bezog sich allein auf die Diskriminierung aus ethnischen Gründen. Als die Gesetzesvorlage im Juni dieses Jahres an das Repräsentantenhaus weitergeleitet wurde, wurde der Entwurf um die Diskriminierung aufgrund von religiösen, ideologischen, politischen und weltanschaulichen Überzeugungen sowie um die Diskriminierung aufgrund von Nationalität, Geschlecht und sexueller Orientierung ergänzt.

Diskriminierung aufgrund der Hautfarbe

Die jetzige Fassung tritt für die Rechte zahlreicher verschiedener Bevölkerungsgruppen ein. In der Bevölkerung wird sie jedoch vor allem als Initiative zur Verteidigung der Rechte von AfrokolumbianerInnen, von Nachkommen entflohener SklavInnen (Cimarrones) und von Raizales, den BewohnerInnen des Archipels San Andrés, Providencia und Santa Catalina, wahrgenommen, da diese Bevölkerungsgruppen ihrer Hautfarbe wegen diskriminiert werden, so Yancy Castillo von der Nationalen Cimarrón-Bewegung, die sich seit 30 Jahren für die Menschenrechte der AfrokolumbianerInnen einsetzt. „Viele Menschen halten hier an dem Mythos des Mestizentums fest. Dieser besagt, dass sich die kolumbianische Gesellschaft aus mehreren miteinander verschmolzenen Kulturen zusammensetzt und der Rassismus wie durch ein Wunder von selbst verschwunden sei. Aber dem ist nicht so“, versichert Claudia Mosquera, Leiterin der Forschungsgruppe für ethnische Gleichheit, kulturelle Vielfalt und Rassismen im sch
warzen Amerika, die zum Zentrum für Gesellschaftsstudien der Universidad Nacional gehört.

Laut Mosquera existiert in Kolumbien nicht nur eine konkrete rassistische Praxis, sondern es sind gleich mehrere Rassismen, die auf unterschiedlichen Ebenen greifen: „Es gibt den strukturellen Rassismus. Dafür muss man nur einen Blick auf die Art und Weise werfen, wie der Staat in den überwiegend von Schwarzen bewohnten Regionen agiert. Dann gibt es den institutionellen Rassismus, der von staatlichen Einrichtungen ausgeht. Und wir haben den alltäglichen Rassismus.“

Bevölkerungsstruktur bestimmt staatliches Engagement

Das Land sei „quasi ethnisch strukturiert, und ausgehend von dieser Bevölkerungsstruktur bestimmt der Staat seine Präsenz. In den überwiegend von Schwarzen bewohnten Landesteilen wird nichts investiert, da sie angeblich zu weit abseits liegen. Dabei hat der Staat die Verpflichtung, sich auch um die entlegensten Gebiete zu kümmern. Um Militärposten an den äußersten Grenzgebieten zu postieren, gibt der Staat Geld aus, nicht aber dafür, bestimmte Regionen mit sozialen Dienstleistungen zu versorgen und zum Beispiel etwas gegen die hohe Säuglingssterblichkeit in einigen Landesteilen zu tun.“

Und die Zahlen geben ihr Recht. Wie das Statistische Landesamt DANE (Departamento Administrativo Nacional de Estadística) nach der letzten Volkszählung im Jahr 2005 bekannt gab, leben in Kolumbien 4,3 Millionen Menschen, die afrikanischer Abstammung sind, das entspricht 10,4 Prozent der Gesamtbevölkerung. Der größte Teil lebt in der Region Chocó an der Pazifikküste. Dort leben zu 82 Prozent Schwarze.

Armut und zu wenig Bildungsmöglichkeiten

In Chocó leben „78,5 Prozent der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze. Damit ist dies die ärmste Region des Landes“, erklärte Jesús Gómez, Gouverneur der Region, im November des vergangenen Jahres bei der Präsentation der Studie „AfrokolumbianerInnen und die Herausforderungen des neuen Jahrtausends“, die vom Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen UNDP entwickelt wurde. Die letzten Untersuchungen zum Thema Bildung im Rahmen des Programms SABER, das sich mit der Grundschulbildung und dem mittleren Schulbildungsniveau befasst, hat ergeben, dass in Chocó ein deutlicher Mangel an Bildungsmöglichkeiten besteht. „Die Mehrzahl der Gemeinden zählt zu den 100 am schlechtesten ausgestatteten Bezirken des Landes“, so Gómez weiter. Dort sterben nach Angaben des UNDP 70 von 1.000 Kindern ‒ Trinkwasserversorgung und Abwassersystem sind dort besonders miserabel.

„Und diese Mängel findet man im ganzen Land. Das Kolumbianische Institut für Kredite und Technische Studien im Ausland vergibt einige Kredite an AfrokolumbianerInnen. An den Universitäten bewerben sich 11.000 Menschen afrikanischer Abstammung, jedoch nur 1.100 erhalten einen Studienplatz. Wenn uns keine Möglichkeiten geboten werden, uns zu entwickeln, wenn unsere Grundbedürfnisse nicht gedeckt sind und wir keine vernünftigen Unterkünfte haben, in denen wir leben können, dann ist das auch Rassismus“, so Cimarrón-Sprecherin Castillo. Deshalb müsse man „der Gesellschaft mitteilen: Diskriminierung ist ein Verbrechen. Sie ist kriminell, denn die Lebensgrundlage und die Hoffnungen des Einzelnen und der Community als Ganzes werden beschnitten. So werden Menschen gezielt davon abgehalten, ihre Menschenrechte und ihre kulturellen Rechte wahrzunehmen. Und das muss bestraft werden“, lautet Mosqueras Entgegnung auf die KritikerInnen des Gesetzesentwurfs, die eine strafr
echtliche Verfolgung von Diskriminierung für übertrieben halten.

Sensibilisierung erforderlich

Nach Ansicht Castillos „wird das Gesetz den Rassismus zwar nicht abschaffen, aber es ist schon einmal ein Pluspunkt, nicht nur für die Menschen afrikanischer Abstammung, sondern für alle. Es ist immerhin ein wichtiger Schritt, weil es ermöglicht, den Respekt vor Vielfalt und Verschiedenheit gerichtlich einzufordern.“

„Die Gesellschaft muss sensibilisiert werden. Es geht nicht darum, dass allein die Angst vor dem Gefängnis Wirkung zeigt, es geht darum, zu einem freundlichen Miteinander zu gelangen und das Denken der Menschen zu verändern. Der nächste Schritt wird sein, dem Staat klarzumachen, wie und wo er den Rassismus bekämpfen muss: im Bildungsbereich, am Arbeitsplatz, durch neue Symbole, die die schwarze Bevölkerung repräsentieren. Der rassistische Sprachgebrauch in den Medien muss sich auch verändern“, meint Mosquera. „Ich denke, alle KolumbianerInnen sollten sich mit der Frage ihrer ethnischen Herkunft befassen. Das wird uns sicher dabei helfen zu verstehen, dass die bestehenden Konzepte die Ursache für die ungleichmäßige Verteilung von Wohlstand und Privilegien in unserem Land sind.“

Update der Redaktion: Präsident Manuel Santos hat die Gesetzesinitiative am 25. Oktober mit der Begründung abgelehnt, dass der Vorstoß in Teilen nicht verfassungskonform sei.

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BOLIVIEN: Straßenbau durch TIPNIS-Nationalpark endgültig vom Tisch



Poonal Nr. 969
Deutsche Ausgabe des wöchentlichen Pressedienstes lateinamerikanischer
Agenturen vom 24. Oktober bis 30. Oktober 2011

BOLIVIEN

Straßenbau durch TIPNIS-Nationalpark endgültig vom Tisch


(Darmstadt, 27. Oktober 2011, amerika21.de).- Boliviens Präsident Evo Morales hat das Gesetz zum Schutz des “Indigenen Territoriums Nationalpark Isiboro Sécure” (TIPNIS) unterzeichnet. Damit wird der Bau der umstrittenen Nationalstraße endgültig gestoppt, was bereits am Wochenende angekündigt worden war. Brasilien, das durch seine Entwicklungsbank und den Baukonzern OAS an den Planungen beteiligt ist, akzeptiert nach den Worten seines Botschafters die Entscheidung des Nachbarlandes. Boliviens Präsidentschaftsminister Carlos Romero sagte, der Vertrag über das Infrastrukturprojekt werde durch die aktuellen Entwicklungen nicht in Frage gestellt, jedoch seien neue Gespräche nötig.

Fernando Vargas, Anführer der Protestierenden aus dem TIPNIS, stellte bei der Unterzeichnungszeremonie im Präsidentenpalast den Marsch in einen größeren Rahmen und verwies auf den indigenen Marsch des Jahres 1990, in dessen Folge das indigene Territorium in seiner heutigen Form entstand. Gemeinsam mit Abgeordneten und SenatorInnen müsse daran gearbeitet werden, das Land aufzubauen, die Natur, das Ökosystem und „Pachamama", die “Mutter Erde”, zu bewahren. Vargas dankte zudem den EinwohnerInnen von La Paz für den Empfang in der vergangenen Woche.

Adolfo Chávez, Vorsitzender des Verbandes der Tiefland-Indigenen „Bündnis indigener Völker Boliviens“ CIDOB (Confederación de Pueblos Indígenas de Bolivia) sagte, dass manche den Marsch ausgenutzt hätten und spielte damit auf die Unterstützung der rechten Opposition an. An die Führung von Armee und Polizei appellierte er, sich der Verantwortung für die gewaltsame Auflösung des Marschs Ende September zu stellen, durch den die Proteste sich radikalisiert hatten. Wer verantwortlich ist, wurde bislang noch nicht geklärt. Präsident Evo Morales verwies, nachdem er das Gesetz unterzeichnet hatte, erneut darauf, dass es nicht nur indigene Gegner des Projektes, sondern auch BefürworterInnen gegeben habe. Dies hänge insbesondere auch mit der Armut im TIPNIS zusammen.
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