Die Jugend baut sich ihr eigenes Haus


Die Jugend baut sich ihr eigenes Haus

An der Jugendburg Ludwigstein entsteht ein Strohballenhaus durch ehrenamtliche Arbeit

Die Jugend heutzutage tut nichts, engagiert sich nicht und gammelt nur rum? Quatsch! An der Jugendburg Ludwigstein nahe des nordhessischen Witzenhausen treten Kinder und Jugendliche gerade den Gegenbeweis an. Seit vergangenem Jahr bauen sie ehrenamtlich und gemeinschaftlich ein Bildungs- und Werkhaus. Es trägt den Namen des Wandervogels, der den Wiederaufbau der Burg vor mehr als 90 Jahren ins Leben gerufen hat: Enno Narten.

Rund 11.000 Stunden ehrenamtlicher Arbeit investierten Jugendliche alleine 2010, um das größte Strohballenhaus der Republik zum Richtfest zu bringen – vor kurzem feierten die Bauhelfer ein besonderes Jubiläum: Die 20.000 freiwillige Stunde wurde abgeleistet. 20.000 Stunden: Umgerechnet auf Arbeitstage a acht Stunden sind dies 2500 Tage oder 500 Arbeitswochen. Eine enorme Leistung, die die Bauhelfer damit bisher erbracht haben. Und der Arbeitseifer hält an. Viele Jugendliche – darunter sind Bündische ebenso zu finden wie Jugendgruppen, Einzelbauer und junge Menschen mit Handicap – wirken Hand in Hand an dem deutschlandweit einzigartigen Projekt mit. Frei nach dem Motto der ehrenamtlichen Bauhelferin Katharina Nitzgen: „Ich arbeite am Enno-Narten-Bau, weil ich die Welt ein Stückchen besser hinterlassen möchte, als ich sie vorgefunden habe.“

Das Ergebnis der bisherigen Bemühungen kann sich sehen lassen. Das Gefache des nach Passivhausstandstandard errichteten Gebäudes ist nahezu komplett mit Stroh gestopft, momentan wird die Stülpschalung angebracht und das Stroh mit Lehm verputzt. Eine Arbeit, die besonders Kindern viel Spaß macht. „Wenn man später Bauarbeiter werden will, dann lernt man hier schon viel“, sagt der zwölfjährige Jasper Scheck, während er mit Feuereifer Lehm an die mit Strohballen ausgestopften Kassetten des Baus wirft, dass es nur so spritzt. Jasper gehört zum Stamm Hasko, Sippe Steinadler, des Bundes der Pfadfinderinnen und Pfadfinder aus dem niedersächsischen Stade. Gemeinsam mit einem runden Dutzend Jugendlicher verbringt er zehn Tage auf Burg und Baustelle. Natürlich leisten sie ihren Beitrag nicht umsonst. Kost und Logis auf dem Zeltplatz stehen jedem Bauhelfer frei. Oder wie die elfjährige Amelie Süding es sagt: „Hier lerne ich, dass ich für mein Essen auch etwas tun muss.“ Dabei stellen sich die jungen Helfer sehr geschickt an, betont Architektin Meike Pilsl. „Je mehr man ihnen zutraut, desto besser klappt es.“

Für ihre Gestaltungskraft, Offenheit, Naturnähe und den Unternehmensgeist wurden die Jugendburg Ludwigstein und der Enno-Narten-Bau zuletzt mehrfach ausgezeichnet – unter anderem als UNESCO-Modellprojekt einer Bildung für nachhaltige Entwicklung sowie mit dem Publikumspreis des Zukunftswettbewerbes „Success for Future Award“.

„Als wir im Mai 2010 mit dem Bau begannen, habe ich gehofft, dass viele junge Menschen mithelfen. Aber dass der Enthusiasmus auch nach mehr als einem Jahr weiter anhält, übertrifft alle meine Erwartungen“, freut sich Eva Eisenträger, Vorsitzende der Stiftung Jugendburg Ludwigstein und Archiv der deutschen Jugendbewegung über das kontinuierliche Wachsen des Enno-Narten-Baus.

„Gerade in den Ferien haben wir zahlreiche Gruppen hier, die ihren Teil zum Enno-Narten-Bau beitragen“, so Architektin Meike Pilsl. Nächstes großes Ereignis auf der Burg wird dabei die Sommerbauhütte vom 8. bis 14. August sein. 25 Gesellen auf der Walz zeigen in der Zeit verschiedene Handwerke – dabei sollen gemeinsam mit den ehrenamtlichen Helfern unter anderem ein Weidenzaun und Innentüren. „Jeder, der während der Sommerbauhütte oder zu einem anderen Zeitpunkt am Enno-Narten-Bau mitwirken möchte, ist herzlich willkommen“, betont Meike Pilsl.

Informationen und Anmeldung: 05542-501710 oder Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!